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WR_1402_Glaube vs. Liebe _ 11 oder 19 S.
WR 2014
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Feb 2014 |
WR_1402_Glaube vs. Liebe _ 11 oder 19 S. |
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:: WR_ Februar 2014
Verehrte Hörerinnen und Hörer! Sicher ist den meisten von Ihnen noch das Pauluswort bekannt, wonach von Glaube, Hoffnung und Liebe, die Liebe das Größte ist (nach dem 1. Korintherbrief 13, 13). Ist Ihnen dabei schon einmal aufgefallen, dass Theologen für uns dennoch nur ein Glaubensbekenntnis formulierten, aber nirgends ein Liebe-Bekenntnis zu finden ist, wo doch die Liebe wichtiger ist? Die hier vorgetragenen Gedanken möchten die Liebe in den Vordergrund rücken, wobei dann der Glaube einen anderen Stellenwert einnimmt. Diese Ausführungen verstehen sich als ein Plädoyer für die Liebe. Sie versuchen aufzuzeigen, dass die Bedeutung der Liebe in der Tat ungleich größer ist als Glaube und Hoffnung, ja dass Liebe der entscheidende Kern der Lehre Jesu ist und darum auch des Christentums sein muss. Von Theologen hören wir immer wieder, wir sollten unseren Glauben leben und bezeugen. Wenn wir zurückblicken in der Geschichte, so lässt sich jedoch folgendes erkennen: je stärker der Glaube war, desto schwächer war leider oftmals die Liebe. Ein tiefer Glaube kann sich sogar in Hass verwandeln. Der Glaube an die eigene, allein gültige „Wahrheit“, brachte unzählige Menschen auf den Scheiterhaufen. Solches und noch viele andere Übel brachte der Glaube zustande. Vergessen wurde dabei: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ Vergessen wurde auch: „Du sollst nicht töten!“, ganz zu schweigen vom schwerwiegenden Wort: „Liebet eure Feinde!“. Was ein starker Glaube anrichten kann, wurde uns im Laufe der Geschichte immer wieder sehr drastisch vor Augen geführt. Glaubenskriege sind dann Höhepunkte, oder Tiefpunkte; Tiefpunkte der Liebe, ein völliger Niedergang der Liebe, aber ein Triumph des Glaubens. Diejenigen, die eine andere „Wahrheit“ haben als wir, einen anderen Glauben, sind nicht mehr uneingeschränkt unsere Freunde. Ihrem eigenen Glauben gemäß gehen die Menschen ja sonntags in ihre jeweilige Kirche. Da wird dann offenkundig, wie der Glaube die Christen voneinander trennt. Würde die Liebe im Mittelpunkt stehen, sähe wohl vieles anders aus. Scherzhaft und zugleich bitter wurde manchmal zitiert: „Und willst du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich dir den Schädel ein!“ Leider wurde das ja auch praktiziert, wo eben der Glaube stärker war als die Liebe, nämlich der Glaube an die eigene einzig richtige Wahrheit. Diese Rechthaberei hat uns immer weiter entzweit. Wo sind wir heute angelangt mit unserem christlichen Glauben? Hundertfältig gespalten folgt die Christenheit angeblich den Spuren Jesu Christi, der da sagte: „Folget Mir nach!“ Tun wir das? Was bedeutet es, ihm nachzufolgen? Heißt das, dass wir unseren Glauben leben und bekunden sollen? Wenn das jeder Christ wirklich entschieden tut – in all den vielen Konfessionen und Sekten – dann treten die Unterschiede ganz deutlich zutage, denn jeder glaubt ja, Recht zu haben. So sind dann alle theologisch säuberlich voneinander getrennt. Die Katholiken, Altkatholiken, die Lutheraner, Reformierten, die Calvinisten, Methodisten, Mormonen, die Freikirchen, die Adventisten, die Apostolischen und Neu-Apostolischen, und wie die zahlreichen unterschiedlichen – von Jesus Christus niemals gewollten – Glaubensgruppierungen heißen, haben ihren je eigenen Glauben. Und alle behaupten, dass sie Ihm in der rechten Weise nachfolgen. Christen
sind wir und stützen uns auf die Bibel. Und somit sitzen wir ja alle in einem
Boot, aber leider nicht in einem gemeinsamen Boot, sondern ihr in eurem
Boot und wir hier in unserem Boot, und die da wieder in einem anderen.
Wir alle haben ja die Wahrheit, nur jeweils eine andere! Wenn da nun ein jeder
deutlich und klar, ganz offenkundig „seine“ Wahrheit lebt, dann driftet doch
alles auseinander, die Trennung von den anderen wird erfahren und zuweilen wohl
auch schmerzlich erlebt. Gemeinsame Gottesdienste sind ja Ausnahmen, und das
gibt es nur bei den Großen, wo sie mal in einem Boot beisammen sitzen. Jesus
Christus befürwortet keine Trennung, nein, Theologen unterschiedlicher
Geisteshaltung und Glaubens haben uns getrennt. Und Christen, die in eine
bestimmte Glaubensrichtung hineingeboren wurden, bleiben dann meist für immer
in dieser. Jesus bat: „Heiliger Vater, bewahre sie in Deinem Namen ...,
damit sie eins seien wie wir!“ (Joh. 17, 11). Doch
Theologen spalten. Manchmal sprechen sie das auch ganz offen aus. So hat der
Vatikan die Einzigartigkeit der katholischen Kirche deutlich bekräftigt. In
einem am 10. Juli 2007 veröffentlichten Schreiben der Glaubenskongregation wird
den Protestanten sogar das Recht abgesprochen, sich als „Kirche“ zu bezeichnen.
Denn es gibt nur eine Kirche, die katholische. In seiner
Rede im Olympiastadion in Berlin am 22. September 2011 verglich Papst
Benedikt XVI. die Katholiken mit Reben am Weinstock der katholischen
Kirche. Die Kirchenmitglieder wurden ermahnt, nicht aus der Kirche auszutreten,
auch wenn sie dort noch so viel Böses fänden. Fallen sie nämlich von der Kirche
ab, würden sie ins Feuer geworfen. Der Papst zitierte dazu den katholischen
heiligen Augustinus, einen Verfechter von Folter und Todesstrafe für
Andersgläubige. Das wörtliche Zitat, das der Papst in Berlin vortrug, lautet: „Eines
von beiden kommt der Rebe zu, entweder der Weinstock oder das Feuer; wenn sie
nicht im Weinstock ist, wird sie im Feuer sein.“ Deutliche
Worte finden wir im Buch „Der Glaube der Kirche in den Urkunden der
Lehrverkündigung“, von Josef Neuner und Heinrich Roos. Wer etwa meint,
die darin enthaltenen Aussagen seien heute nicht mehr gültig, der täuscht sich.
Denn die 13. Auflage ist von 1992, und diese Schrift wurde neu bearbeitet im
Jahr 1971 unter Mitwirkung des Konzilstheologen Prof. Dr. Karl Rahner. Hier einige
Zitate daraus: „Die Heilige Römische Kirche glaubt fest und verkündet,
dass niemand außerhalb der katholischen Kirche – weder Heide noch Jude noch
Ungläubiger oder ein von der Einheit Getrennter – des ewigen Lebens teilhaftig
wird, vielmehr dem ewigen Feuer verfällt, wenn er sich nicht vor dem Tod ihr
anschließt.“ (Neuner-Roos Nummer 381) „Dem römischen Papst sich
zu unterwerfen, ist für alle Menschen unbedingt zum Heile notwendig. Dies
erklären, behaupten, bestimmen und verkünden WIR!“ (Neuner-Roos Ziffer
430). Diese beiden Lehrsätze enthalten ausdrücklich den Zusatz „unfehlbar“,
sie sind daher dogmatisch verpflichtend. Wenn die Kirche ein Dogma formuliert,
so ist der Glaube daran absolut verbindlich. Ein weiteres Zitat: „Darum
können jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und
ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber
nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollen.“ (Neuner-Roos Nummer
373). Das ist Trennung, Absonderung, Exklusivität. Und Lieblosigkeit! Aber
starker Glaube. Wer von uns
Christen glaubt das wirklich? Die Mehrheit der Erdbevölkerung ist demnach
bereits verdammt und dem ewigen Höllenfeuer verfallen. Im zweiten Vatikanischen
Konzil wurde allerdings dann eingeräumt, dass auch Menschen außerhalb der
Kirche „selig“ werden könnten. Da man sich immer auf das Wirken des Heiligen
Geistes beruft, ist es merkwürdig dass dieser einmal so und dann wieder anders
inspiriert! Dennoch: Die Dogmen stehen noch unverrückbar festgeschrieben in den
Lehrbüchern. Das Dogma 153 lautet immer noch: „Die Zugehörigkeit zur
Kirche ist für alle Menschen heilsnotwendig. Und 145: „Die Kirche ist in
der endgültigen Entscheidung über Glaubens- und Sittenlehren unfehlbar.“ Übrigens:
Es wird in letzter Zeit zunehmend über vegetarische und vegane Ernährung gesprochen.
Sollten Sie Vegetarier sein, verehrte Zuhörerrinnen und Zuhörer, dann sind Sie
bereits verflucht! Denn Vegetarier sind von der Kirche verflucht, weil sie kein
Fleisch essen. Papst Johannes III. (561) verkündete dies auf der 1.
Synode von Braga in Portugal: „Wenn jemand Fleischspeisen, die Gott den
Menschen zum Genuss gegeben hat, für unrein hält und auf sie verzichtet, der
sei mit dem Bannfluch belegt.“ Ein Bannfluch des Papstes war damals
soviel wie ein Todesurteil, denn er hatte die „Vogelfreiheit“ zur Folge. Jeder
durfte einen Gebannten straflos töten. Er verlor als ein aus der Gesellschaft
Ausgeschlossener alle Rechte. Was können
wir den Theologen eigentlich noch glauben? Man hat doch versucht, uns das
selbstständige Denken abzugewöhnen, da kompetente, meist ältere Männer, das
Denken für uns besorgen und die Wahrheit herausfinden, angeblich eben immer
unter der Assistenz des heiligen Geistes. „Das Dogma ist ein
ausdrückliches Verbot, zu denken“, sagte der Philosoph Ludwig
Feuerbach (1804-1872). Ist Gott
katholisch oder evangelisch? Beide großen Kirchen haben jedenfalls
Unvorstellbares vollbracht. Der evangelische Theologe Prof. Dr. Walter Nigg
beschrieb dies einmal in wenigen Sätzen: „All
die bluttriefenden Henker, welche im Mittelalter aufs grausamste gegen die
‚Ketzer’ gewütet haben, konnten sich auf die angesehene Autorität Augustinus
berufen – und sie haben es auch getan. Alles wurde verbrannt, Frauen und
Männer, Katholiken und Protestanten, Idioten und Gelehrte, vierjährige Kinder und
achtzigjährige Greisinnen, alles wurde wahllos und ohne Unterschied auf den
Scheiterhaufen befördert und zu Asche verwandelt. Diese Nachtseite der
Christenheit ist eine derart peinliche Belastung, dass sie die Kirchen beider
Konfessionen grundsätzlich in Frage stellt!“ Was für ein
missglücktes Christentum! So wurde der Kern der Lehre Jesu, die Liebe,
verraten. Aber der Glaube war stark! Da wurde wirklich offen gezeigt, was man
glaubte. Welcher Konfession hat sich Gott da wohl angeschlossen, welche Kirche
hat er unterstützt, auf welcher Seite steht er?
Theologen haben im Laufe der Geschichte zuweilen sehr seltsame
Vorstellungen entwickelt, auch über den unbegreiflichen, großen Gott, der
manchmal von ihnen sogar auf Mausgröße reduziert wurde, sie hatten ihn dann
gleichsam im Griff. (Näheres soll hier besser nicht ausgeführt werden). Heinrich
Heine meinte: „Es sind in Deutschland die Theologen, die dem lieben Gott
ein Ende bereiten!“ Auch all unsere negativen Eigenschaften wie Ärger, Wut,
Zorn, Aggressivität, Hass und Lieblosigkeiten werden auf ihn projiziert.
Solches hat man ins Alte Testament hineingeschrieben - als Gotteswort. „Ich
werde deine Feinde vor deinem Angesicht vernichten!“, so heißt es im
Alten Testament. Die katholische Schriftstellerin Luise Rinser fragte
dazu verständnislos: „Oh Gott, sind das denn nicht auch deine
Kinder?!“ Man sagt, Gott sei die Liebe. Wie verträgt sich das? Wir
sollen uns ja kein Bild von Ihm machen, aber genau das tun wir. Ein liebloses,
rachsüchtiges und zorniges Wesen machen wir aus ihm, nachtragend und
unbarmherzig. Jesus war
Pazifist, aber Martin Luther z.B. hetzte seine Mitmenschen in den Krieg
gegen die Bauern: „Steche, schlage, würge hie, wer da kann. Bleibst du
darüber tot, wohl die! Einen würdigeren Tod kannst du nimmermehr erlangen!“
Auf die Frage, ob man auch als Soldat in einem Gott wohlgefälligen Stand lebt,
sagte Luther: „Die Hand, welche das Schwert führt und tötet, ist nicht
mehr eines Menschen Hand, sondern Gottes Hand. Und nicht der Mensch, sondern Gott
henkt, rädert, enthauptet, tötet und führt den Krieg.“ (Weimarer Ausgabe
19, Seite 632 f.). Was macht ein Theologe da aus Gott! Einen Mörder, der selbst
seine eigenen Geschöpfe auf grausamste Weise umbringt! Ein starker Glaube und
ein völliger Verlust von Liebe! Nochmals: was können wir den Theologen
eigentlich noch glauben? Heute
präsentiert sich uns jedenfalls ein recht misslungenes Christentum. Anders sind
wohl auch solche Äußerungen wie die folgenden – von Theologen gesprochen – kaum
verständlich. Von einem Christentum im Sinne Jesu könnte solches sicherlich
nicht gesagt werden: Papst Paul
VI. sagte anlässlich einer Audienz
im Sommer 1974: „Die Kirche ist in Schwierigkeiten, sie scheint zum
Aussterben verurteilt zu sein.“ Und der Bischof
von Münster erklärte: „Die Volkskirche verschwindet nicht – sie ist
verschwunden!“ „Das
Innere wird ausgehöhlt, nur die schöne Fassade bleibt“, sagte Bischof Gerhard
Ludwig Müller[1] im Jahre
2003. Bischof Dr.
Rudolf Gruber sprach 1973 von einem „Minichristentum der
niedrigsten Preise, dessen Schlussverkauf im Gange ist.“ In den ORF-Nachrichten, ZiB-2 vom 10.
Februar 2009, wurde gesagt: „Der Salzburger Erzbischof Alois
Kothgasser hat davor gewarnt, dass die katholische Kirche zu einer Sekte
schrumpfen könnte.“ Ein kath.
Priester in Süddeutschland (R. Br.) erklärte: „Machtgedanken und
klerikales Beamtentum hat die Kirche über Jahrhunderte hinweg äußerlich
gestärkt, aber innerlich morsch und faul gemacht.“ „Es stellt sich die grundsätzliche Frage nach der
Zukunft von Kirche und Gemeinde überhaupt immer bedrängender“, so ein katholischer
Priester und Dechant in NRW (H. L.). „Die lebensprägende Kraft der Kirche scheint
verloren zu gehen“, sagt er weiter. Der Deutschlandfunk berichtete am 29. Mai 2004: „Jede dritte Kirche in
Deutschland ist von Schließung, Verkauf oder Abriss bedroht, in Ost wie West.“ Und im Mai 2006 war zu
hören: „In
Westeuropa, vornehmlich ausgehend von den Niederlanden, werden zahlreiche
Kirchen zu Restaurants, Kaufhäusern oder Privatwohnungen – oder gar abgerissen.“ „Ein wirklicher politischer Faktor ist die Kirche in
Europa kaum noch!“, hieß es in der ARD-Sendung „Gott und die Welt“ vom
17. Februar 2013. Der Vatikanjournalist Marco Politi berichtet: „In Lateinamerika verliert
die katholische Kirche jährlich Millionen Anhänger.“ Auch die
Missbrauchsfälle offenbarten ein recht klägliches Zustandsbild. Hildegard
von Bingen sagte vorausschauend in ihrem Buch Scivias: „Die
ganze Kirche wird wegen ihrer Verbrechen vertrocknen!“ Noch viel
Schlimmeres hat sie über die Kirche und ihre Priester vorausgesagt in ihrem
Buch liber operum dei, was jedoch nur sehr wenigen bekannt sein dürfte.
Aber sie soll hier nicht weiter zitiert werden. Der
bekannte und mehrfach ausgezeichnete Autor Dr. Karl-Heinz Deschner
recherchierte die Verbrechen der Kirche. Er schrieb, dass er (Zitat) „nach
intensiver Beschäftigung mit der Geschichte des Christentums in Antike,
Mittelalter und Neuzeit einschließlich und besonders des 20. Jahrhunderts,
keine Organisation der Welt kenne, die zugleich so lange, so fortgesetzt und so
scheußlich mit Verbrechen belastet ist, wie die christliche Kirche, ganz
besonders die römisch-katholische Kirche.“ Man muss also feststellen:
Die Liebe ist vollständig auf der Strecke geblieben, und damit der Kern der
Lehre Jesu. Ein misslungenes Christentum in der Praxis! Gehen wir weiter zurück in der Geschichte
und hören wir, was Bischof Buchard von Orta, Zeremonienmeister bei Papst
Alexander VI., schriftlich festhielt über die Zustände im Vatikan: „Wollte ich all die in Rom vorkommenden
Mordtaten, Räubereien und Gräuel aufzählen, so fände ich kein Ende. Wie viel
Vergewaltigungen und Blutschanden! Wie viel Verdorbenheit macht sich in diesem
päpstlichen Palast breit, ohne Scheu vor Gott und den Menschen! Welche Herden
von Kupplerinnen und Prostituierten treiben sich in diesem Palast St. Peter
herum! Am Tage Allerheiligen 1501 waren 50 Prostituierte in den päpstlichen
Palast eingeladen, wo sie zwischen auf den Fußboden gestellten brennenden
Leuchtern nackend allerlei Tänze aufführten, die schließlich in widerlichen
Orgien ausarteten. Seine Heiligkeit, der Papst, sowie dessen Tochter Lukrezia
befanden sich unter den Zuschauern ...“
Man darf doch wohl fragen: Hat die Kirche
wirklich noch berechtigten Grund dazu, singend hinauszuposaunen: „Ein
Haus voll Glorie schauet weit über alle Land ...“?, so besingt die
Kirche sich selbst. (Lied Nr. 639, „Gotteslob“, Bistum Münster). „Voll
Glorie – über alle Land?“ Aber zurück zu Glaube und Liebe! Wenn
weiterhin der Glaube und nicht die Liebe im Mittelpunkt steht, wird es keinen
Fortschritt geben können, geschweige denn mit anderen Religionen. Im Glauben,
den uns die verschiedenen Theologen aufgebaut haben, werden wir uns niemals
wieder einig werden, wohl aber in der Liebe. Denn uneingeschränkte, vorurteilsfreie und
bedingungslose Liebe, die entgegengebracht wird, versteht jeder Mensch, und
sein Herz öffnet sich. Die Erfahrung beweist: Liebe verbindet, Glaube
trennt. Aber es ist schwierig, diese Liebe auch praktisch zu leben. Klaus
Hemmerle, ehemaliger Bischof von Aachen, hat sieben Punkte aufgeführt zum
Thema: „Liebe bringt den Menschen ins Heil. Liebe – wie geht das?“
Und schon der erste Punkt ist gewaltig: „Alle lieben! Liebe kennt keine
Ausnahme. Solange ich einen von meiner Liebe ausschließe, liebe ich
nicht. Liebe ist unteilbar.“ „Folget Mir nach!“, sprach Jesus.
Das ist nun keine Theorie. Er sprach nicht: „Setzt euch jeden Sonn- und
Feiertag in die Kirchenbank, betet Mich an, verehrt Mich, lobt und preist Mich,
demonstriert Mir euren Glauben, lest Mir die alten Psalmen vor, singt Mir
schöne Lieder, so wie es eure Theologen von euch wünschen! Das ist euch allen
wohlbekannt, gar nicht so anstrengend, sondern ganz bequem. So einfach ist
Meine Lehre geworden (wie eure Theologen sie für euch gestaltet haben)!“ Der
bekannte evangelische Theologe und Friedensnobelpreisträger (1952) Albert
Schweitzer sagte: „Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die
Kirche besucht, der irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in einer
Garage steht!“ Immanuel Kant meinte dazu: „Die weite
Pforte und der breite Weg, den viele wandern, ist die Kirche. Die enge Pforte
und der schmale Weg, der zum Leben führt, ist der des guten Lebenswandels.“ „Folget
Mir nach“ ist durchaus keine leichte Angelegenheit, es erfordert Arbeit
an sich selbst, auch Anstrengung, „Innenarbeit“. Halleluja singen, Gott loben
und die Vorschriften der eigenen Konfession befolgen, ist zu wenig. An ihn
glauben ist die eine Seite – aber dann beginnt die praktische Nachfolge, das
Leben im Alltag, und das ist rechtes Tun, in seinem Sinne denken und handeln.
Jeder überprüfe sich einmal, wie groß wohl der Fortschritt seiner Seele von
Kirchgang zu Kirchgang ist. Überdeutlich heißt es im Jakobusbrief (2,17f.): „So
ist es auch mit dem Glauben: ist er ohne Werke, so ist er in sich selber
tot. ... Du glaubst an den einen Gott? Schon recht – aber auch die bösen
Geister glauben und zittern.“ Überspitzt gesagt: auch „Satan“ glaubt an
Gott, aber seine Werke sind nicht aus der Liebe! Was ist ein solcher Glaube
wert, ohne gute Werke, ohne Liebewirken! „Wer von euch ist weise
und verständig? Er zeige durch seinen guten Wandel Werke, milde und
weise!“ (Jakobus 3, 13). Der Kern der Lehre Jesu muss im Mittelpunkt des
Lebens stehen. Doch allzu oft wurde geradezu das Gegenteil gelebt. Ferdinand
August Bebel (Mitbegründer der SPD, er starb 1913) schrieb: „Die
Religion der Liebe, die christliche, ist seit mehr als achtzehn Jahrhunderten
gegen alle Andersdenkenden eine Religion des Hasses, der Verfolgung, der
Unterdrückung gewesen. Keine Religion der Welt hat der Menschheit mehr Blut und
Tränen gekostet, als die christliche, keine hat mehr zu Verbrechen der
scheußlichsten Art Veranlassung gegeben.“ Der katholische
Priester und flämische Montfortanerpater Phil Bosmans (†2012), (der nach
Meinung vieler Menschen das wahre Christentum wieder aus den Verschüttungen
freigelegt hat), schrieb in seinem Buch Vergiss die Liebe nicht!
(Herder, 1997): „Jesus ist
das Wort Gottes. Alles, was Gott den Menschen zu sagen hat, ist: JESUS. Für das
Christentum bist du in der Wahrheit, solange du in der Liebe bist, in Jesus. Es
klingt seltsam, aber es ist befreiend, dass du im Christentum die Wahrheit
nicht verlieren kannst durch Mangel an Wissen, sondern einzig und allein
durch Mangel an Liebe. An den Gott des Christentums glauben heißt: sich
in den Strom der Liebe werfen, der von Jesus aus durch die Welt fließt.“ –
„Im
Christentum geht es um Liebe, um die Liebe Gottes, wie sie Gestalt angenommen
hat in der Person Jesu. Die Wahrheit des Christentums ist Liebe. Im Christentum
glaubst du nicht an eine abstrakte Wahrheit, an eine Reihe von Lehrsätzen,
sondern an jemand, der dich gern hat. In Jesus sagt Gott den Menschen, wie gern
er sie hat.“ – Oft ist dieser Satz noch immer nicht richtig
verstanden worden: „Keiner kommt zum Vater, denn durch Mich!“
Jesus ist die Liebe des Vaters, und nur durch diese Liebe kommen wir zum Vater.
Jeder, der die Liebe lebt, der lebt Jesus, auch wenn er den Namen Jesus gar
nicht kennt! Er ist auf dem Weg zum Vater. Jener Satz aus der Bibel hängt also
nicht am Namen! Doch was haben Theologen aus diesem Satz alles abgeleitet,
wieder Trennungen! Sie hängen am Buchstaben und verstehen nicht deren geistigen
Sinn. Die
unterschiedlichen Glaubensvorstellungen – von den jeweiligen Theologen
begründet – trennen die Menschen und fassen sie in unterschiedlichen Gruppen
zusammen; in größere und kleinere. Und es kommen immer noch neue hinzu. Wetteifern im Glauben ist aber sinnlos, nur
Wettereifern in der gelebten Liebe bringt uns allen Menschen und damit Gott
näher, und zwar alle gemeinsam, ohne Unterschied. Gott ist Liebe, purste Liebe,
und nur der Weg der Liebe führt zu ihm. Jesus hat es uns vorgelebt. Er hat
uns keine Kopf-Religion gelehrt, die vom Intellekt erfasst und seziert werden
muss; nein, aus dem Intellekt strahlt keine Liebe. Ein irisches Sprichwort
sagt: „Wenn Gott den Menschen misst, dann legt er das Maßband nicht um
den Kopf, sondern um das Herz.“ Dies ist eine Tatsache: „Wir
können Gott mit dem Verstande suchen, aber finden können wir ihn nur mit dem
Herzen.“. (József v. Eötvós). Der
Intellekt will argumentieren, diskutieren, begründen, beweisen, widerlegen,
Recht haben – und dicke Bücher dazu schreiben, die uns Jesu Lehre erst
erklären, damit wir sie auch recht verstehen; allerdings von Theologe zu
Theologe und von Experte zu Experte wieder ganz anders! Und somit wird wiederum
durch die jeweilige Glaubensvorstellung getrennt. Bücher über
Bücher, immer wieder neue, findet man in christlichen Zeitschriften und
Magazinen von klugen Autoren, die uns erläutern, was wirklich wichtig ist, und
wie es geht. Sie übertreffen sich dabei gegenseitig. Und dazu gibt es noch
Diskussionsrunden! Wahrlich: Jesus hat ganz offensichtlich versäumt, uns
Wesentliches mitzuteilen! Oder er hat sich völlig missverständlich ausgedrückt,
so dass wir gar nicht wissen, was wir tun sollen! Gerade dazu brauchen wir eben
diese studierten Theologen und sehr viele Experten aller Art. Sie besorgen für
uns erst die richtige Interpretation der Lehre Jesu. All dies
ist jedoch in Wahrheit völlig überflüssig, um die einfache Liebe-Lehre Jesu zu
leben. Liebe Gott über alles, und deinen Nächsten wie dich selbst – ist das so
schwer zu verstehen? Brauchen wir so viele Theorien, Theologien,
Religionswissenschaftler dazu als komplizierte Beigabe? Zu leicht befindet man
sich dann auf einmal in der Nachfolge kirchlicher Vordenker und gehört dann zur
Herde geistlicher Obrigkeiten, nicht mehr zur Herde der Nachfolger Christi –
wenn man nicht wachsam genug ist. Schon die
Pharisäer waren Meister im Diskutieren und wollten Jesus oft aufs Glatteis
führen, doch er hat sie mit einfachsten Worten und Beispielen stets beschämt.
Er verwies uns auf das Herz, nicht auf den Kopf, und damit auf die Liebe und
Schlichtheit. Mag ein Kopf noch so groß und studiert sein – „Wenn ihr
nicht werdet wie die Kinder! ...“. Darum gehen so viele Theologen am
Wichtigsten vorbei, weil es zu simpel ist für den Kopf, und sie konzentrieren
sich lieber auf ihre eigenen, unterschiedlichen Vorstellungen, auf Theorien und
ihre Organisation. Das steht bei ihnen sehr im Mittelpunkt. Da bauen sie für
bestimmte Menschen z.B. Barrieren auf, – geschiedene Wiederverheiratete dürfen
nicht zu den Sakramenten – und später überlegen sie in großen Zusammenkünften,
wie sie diese selbstgeschaffenen Barrieren evtl. verkleinern, umgehen oder gar
wieder abschaffen können, weil die harte Realität sie einholt. Das sind
intellektuelle Spielereien, die aber Menschen in Ratlosigkeit und Not bringen
und vor allem der Liebelehre Jesu völlig entgegengesetzt sind. Hier steht
Glaube gegen Liebe. „In
einer Ideologie muss der Mensch oft den Paragrafen weichen. Im Christentum geht
es aber um Liebe, um Liebe ohne Vorbehalt.“ Phil Bosmans weist
uns darauf hin, dass so viele Menschen auf Liebe warten: „Sie warten auf
Jesus, aber die Jünger Jesu sind meist in Besprechungen. Ihr Telefon ist
besetzt. Sie haben soviel mit dem Organisieren zu tun. Sie studieren die
Probleme und diskutieren ihre Lösungen. Dass Christen sich doch bekehren! Dass
sie hinausgehen und an ihren Händen Gottes Liebe zu fühlen sei!“ – „Gott
wirkt nicht aufgrund eines perfekten Managements von religiösen Organisationen
und kirchlichen Apparaten. Gott ist und kann nur dort wirksam gegenwärtig sein,
wo Menschen seiner Liebe Hände und Füße geben und die Wärme ihres eigenen
Menschenherzens.“ – „Sein Leben und seine Botschaft sind jedoch
im Laufe der Geschichte so verzeichnet, so entstellt worden durch Menschen, die
sich ‚Christen’ nennen, dass sich Unzählige abgewandt haben.“ – „Das
Zeichen des Christentums ist nicht eine prächtige Kirche oder Kathedrale mit
goldenen Gewändern und silbernen Verzierungen, mit einer erhebenden Liturgie
und schöner Musik. Das Zeichen des Christentums ist überall, wo Menschen sich
bewusst an die Seite von Armen und Schwachen stellen und uneigennützig Sorge
tragen für Menschen in Not. Das Zeichen des Christentums ist überall, wo Liebe
sichtbar, spürbar und greifbar wird in einem menschlichen Leib, in einem
menschlichen Herzen, im Bewegen von Händen und Füßen, im Hören und im Sprechen
und im Licht der Augen. Das Zeichen des Christentums erscheint in unzählig
vielen stillen Menschen, die sich überall in der Welt einsetzen für Frieden und
für das Wohlergehen von zertretenen Mitmenschen.“ – „Allein die
Liebe vermag Gott wieder sichtbar zu machen und Menschen zu helfen, an Gott zu
glauben.“ Der Patriarch Athenagoras erklärte: „Wir
haben aus der Kirche eine Organisation wie alle übrigen gemacht. Wir
haben unsere Kräfte damit vertan, sie aufzubauen und setzen diese nun für ihr
Funktionieren ein. Und sie funktioniert wie eine Maschine; wie eine Maschine –
und nicht wie das Leben. Was haben wir getan? Christus hat uns verlassen. Wir
haben ihn verjagt!“ Also eine Kirche ohne Gott, ohne geistige Führung?
Hat Jesus uns geboten, eine hierarchische Organisation aufzubauen? Nein, er
sprach von Liebe und lebte sie uns vor. Der weltweit geschätzte Gehirnspezialist
und Neurochirurg, Dr. Eben Alexander (Havard Medical School in Boston),
tat vor seinem eigenen, ihn völlig verwandelnden Erlebnis, alle
Nahtoderfahrungen als Halluzinationen und reine Fantasie ab. Als er dann sieben
Tage lang im Koma lag und selbst ein solches Erlebnis hatte, teilte er uns nach
seiner „Rückkehr aus dem Jenseits“ von seinen Erfahrungen mit: „Wenn ich
die gesamte Botschaft in einem Satz zusammenfassen müsste, würde er lauten: ‚Du
wirst geliebt.’ Und wenn ich ihn auf ein einziges Wort reduzieren müsste,
hieße es einfach: ‚LIEBE’. Liebe ist ohne Zweifel die Basis von allem.
... Sie ist die Realität der Realitäten, die unbegreiflich herrliche Wahrheit
der Wahrheiten, die im Kern von allem, was existiert oder je existieren wird,
lebt und atmet. Und niemand, der sie nicht kennt, kann ein auch nur annähernd
exaktes Verständnis davon erlangen, wer und was wir sind, und dies in
entsprechende Taten umsetzen. Keine sonderlich wissenschaftliche Einsicht? Nun,
hier bitte ich zu unterscheiden. Ich war an diesem Ort, ich bin von dort
zurückgekehrt, und nichts könnte mich davon überzeugen, dass dies nicht nur die
wichtigste emotionale Wahrheit im Universum ist, sondern auch die wichtigste wissenschaftliche
Wahrheit. Ich spreche
nun schon seit einigen Jahren über meine Erfahrung und treffe auch andere
Menschen, die sich mit Nahtoderlebnissen beschäftigen oder selbst eines hatten.
Ich weiß, dass der Begriff bedingungslose Liebe in diesen Kreisen sehr
verbreitet ist. Aber wie viele von uns sind in der Lage zu begreifen, was er
wirklich bedeutet? Ich weiß natürlich, warum dieser Begriff so oft auftaucht.
Es liegt daran, dass zahlreiche andere Menschen genau das Gleiche gesehen und
erlebt haben wie ich. Aber wenn diese Menschen auf die irdische Ebene
zurückkommen, geht es ihnen wie mir: ihnen fehlen die passenden Worte, um ihre
Erfahrungen und Einsichten zu vermitteln, die jenseits der Macht der Worte
liegen. Es ist, als versuchte man mit der Hälfte des Alphabets einen Roman zu
schreiben. Die wichtigste Hürde, welche die meisten Menschen, die ein
Nahtoderlebnis hatten, überwinden müssen, besteht nicht darin, sich wieder an
die Einschränkungen der irdischen Welt zu gewöhnen – obwohl das sicher eine
Herausforderung sein kann –, sondern darin, dass sie Probleme haben zu
vermitteln, wie sich die Liebe, die sie dort draußen erfahren haben, anfühlt.“
(Aus: „Blick in die Ewigkeit“, Ansata 2014). Wovon
erzählen uns Theologen? Sprechen sie von eigenen Erfahrungen? In ihren Kirchen
reden sie von Gott, haben sie Ihn wirklich in sich erlebt? Ihr studierter Kopf
ist voll mit angelerntem Wissen, mit Glaubensinhalten, Geboten, Verboten und
Paragrafen, die in vielen Jahrhunderten nach und nach von ihnen in die Welt
gesetzt wurden. Dem kleinen Laien als Vorschriften, an die sie sich jedoch
selbst oft genug nicht hielten. Den Theologen gilt im Übrigen noch immer das
Wort: „Eure Gedanken sind nicht Meine Gedanken, und eure Wege sind nicht
Meine Wege, spricht der Herr!“ (JESAJA). Liebe kommt aus dem Herzen, nicht aus dem Kopf. Keine einfache Reinemachefrau käme je in den Himmel, wenn es vom mit Wissen vollgestopften Kopf abhinge. Ihre Einfachheit und Demut wird den studierten Theologen vor der „Himmelstür“ einmal beschämen. Gott schaut darauf, wie viel Liebe wir leben, nicht wie tief der jeweilige konfessionelle Glaube ist, den wir von unseren Theologen gelernt haben, der abgefragt werden kann wie ein Schulfach; der im Laufe der Jahrhunderte immer mehr ausgestaltet wurde und sich von der einfachen Liebelehre Jesu mehr und mehr entfernte. Nicht wie groß das Paket an tiefem Glauben ist, das wir am „Himmelstor“ vorweisen können, ist vor Gott ausschlaggebend, sondern allein die Liebe, die wir ausgestrahlt und gelebt haben; unseren Mitmenschen gegenüber, zu den Tieren, zu den Pflanzen, ja zu Seiner gesamten großen Schöpfung. Bisher haben wir sehr viel geglaubt, besonders unseren Theologen, aber viel zu wenig geliebt. Haben Tiere eine Seele, was sagt der Theologe, was weiß er darüber? Manche Tiere streicheln wir, andere essen wir auf, nach einer grausamen Tötung. Ist die Massentierhaltung mit der Liebe vereinbar? Egal! Hauptsache, wir haben einen tiefen Glauben, dann ist der Theologe mit uns zufrieden! Erst dann, wenn es uns selbst an den Kragen geht – Klimawandel –, dann wachen wir auf. Entsprechend sieht auch unsere Erde jetzt aus, die wir lieblos ausgebeutet und schon fast zugrunde gerichtet haben; so ist auch der Zustand der Völker dieser Erde. Der Glaube bringt uns nicht zur Besinnung, nur die Liebe. Wollen wir weiter um den „rechten Glauben“ streiten und unseren jeweiligen Glauben vertiefen? Das „Fußvolk“ ist schon längst nicht mehr dazu bereit und geht oft andere Wege; Wege, welche „die da oben“ nicht gutheißen, weil sie ihren Vorschriften und Paragrafen widersprechen. Konkurrenz
im Glauben – ja sogar Glaubenskämpfe – haben uns niemals weitergebracht. Es
wird höchste Zeit, dass wir endlich die Liebe lernen! „Es gibt nur einen
Fortschritt, nämlich den in der Liebe, aber er führt in die Seligkeit
Gottes selber hinein!“, sagte mit Recht der Dichter Christian
Morgenstern. Wie weit sind wir denn damit gekommen, dass wir so oft den
anderen des falschen Glaubens bezichtigt haben und Menschen anderer Ansichten
als Ketzer verbrannten – anstatt Jesu Wort zu beherzigen: „Liebet
eure Feinde!“? Das
Ergebnis ist beschämend! Wo sind die reifen Früchte unseres Geistes? Mark
Twain hat schon recht: „Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das
errötet, und das einzige, das Grund dazu hat!“ Wer traut
sich, vor Gottes Augen zu treten – mit seinem wundervollen starken Glauben im
Kopf, aber mit seiner sehr mageren Liebe im Herzen? Allein die Liebe hat
Bestand, sie bleibt in alle Ewigkeit. Alles andere vergeht, auch der Glaube,
auch die Hoffnung. Sollten wir uns nicht um das Wichtigste kümmern, das immer
bleibt, die Liebe? Jetzt schon, jetzt endlich? Von ganz
„oben“ gesehen – von Gott aus – sind die Glaubensunterschiede völlig
nebensächlich. Deutlich sagte dies der russisch-orthodoxe Priester Alexander
Men: „Die Mauern, die wir zwischen uns errichtet haben, reichen
nicht bis zu Gott!“. Gott übersieht diese Mäuerchen zwischen uns, die
wir für gar so gewaltig und wichtig halten; Barrieren, die wir für
unübersteigbar halten, die uns schon so lange voneinander trennen. Er schaut
doch nur auf unser Liebe-Wirken, das uns letztlich zu einer Einheit
zusammenbringen soll und auch wird, wenn wir das endlich begriffen haben.
Irgendwann auch in die Einheit mit den anderen Religionen. Dann fallen
sämtliche Mauern zwischen den Menschen, zwischen Brüdern und Schwestern,
zwischen den Geschöpfen und Kindern Gottes. Das wird
und muss einmal sein. Spätestens auf der Neuen Erde! Denn es wurde uns
versprochen: „Wir erwarten, wie Er es verheißen hat, einen Neuen Himmel
und eine Neue Erde, wo die Gerechtigkeit wohnt.“ (2. Petrusbrief 3, 13).
„Und ich sah einen Neuen Himmel und eine Neue Erde, denn der erste
Himmel und die erste Erde waren vergangen.“ (Offb. 21, 1). „Denn
seht, einen Neuen Himmel erschaffe Ich und eine Neue Erde; da gedenkt man des
Vergangenen nimmermehr, und es kommt nicht mehr in den Sinn.“ (Jesaja
65, 17) – „Himmel und Erde werden vergehen, doch Meine Worte nicht.
Jenen Tag aber und jene Stunde weiß niemand, nicht einmal die Engel des
Himmels.“ (Matthäus 24, 35). Emsig
bemüht sind heute noch die „Würdenträger“, ihre Organisationen zu reparieren,
die Strukturen zu verbessern, ihre Lehrinhalte wieder zu überprüfen und ihre
Schäfchen zusammenzuhalten, die nach und nach hinauswandern aus der Umzäunung
und ihnen davonlaufen, denn sie denken mehr nach als früher. Da darf sich Gott gar
nicht einmischen, so beschäftigt sind sie damit; man diskutiert und zerbricht
sich die Gehirne.
Organisationen, Strukturen? Man sollte sich wieder einmal gründlich auf
die Anfänge des Christentums besinnen. Phil Bosmans: „Die erste
Kirche war ein offenes Haus. Menschen kamen zusammen wie eine Familie, und man
sagte von ihnen: ‚Seht, wie sie einander lieben!’ Die ersten Christen lebten in
einem glühenden Glauben an eine Botschaft der Freude. Allmählich eroberte das
Christentum die westliche Welt und wurde eine Macht, eine große weltliche Macht
mit viel Reichtum. Auf Lehrsätze und Strukturen wurde großer Wert gelegt, und
die Botschaft der Freude erstarb in Glaubensstreitigkeiten, in endlosen
Diskussionen auf hohem Niveau, die Fremdheit und Zerrissenheit mit sich
brachten. Dann folgte
die Erstarrung in strenger übersteigerter Rechtlichkeit. Die Botschaft der
Freude erstickte in einem Panzer von Gesetzen, Paragraphen, Vorschriften und
Verordnungen, für die sich kein Mensch erwärmen kann. Die Früchte des Geistes –
Liebe, Freude, Friede – wurden verschüttet durch eine Lawine von kirchlichen
Auseinandersetzungen.“ – „Christen sind unter ihrem Niveau
geblieben. Sie haben Gott für die Sonn- und Feiertage in Kirchenmauern
eingefangen. Es ist ein trauriges Anti-Zeugnis, dass so viele Christen mit der
frohen Botschaft nicht froh werden und sich so wenig am Leben freuen. Statt
dessen versucht man Strukturen und Organisationen intakt zu halten, aus denen
Geist und Begeisterung entwichen sind.“ Der
katholische Priester Johannes Greber schrieb schon vor vielen
Jahrzehnten: „Wenn Christus heute wieder auf die Erde käme, würde er
noch einmal die Klage aussprechen müssen: „Mich erbarmt des Volkes!“
Sollen die jetzigen christlichen Kirchen wieder Träger der wahren Lehre Christi
werden, dann müssten sie zurückkehren zum Gottesdienst der Ur-Kirche. Es ist
freilich keine Hoffnung, dass eine Rückkehr zum Christentum Christi vonseiten
der Leiter der heutigen christlichen Kirchen angebahnt wird.“ Aber
dennoch, man besinnt sich hier und da. Es gibt schon wieder evangelische
Gemeinden, wo Gemeindemitglieder das zu Hause gebackene Brot mitbringen, das
dann im Gottesdienst ‚gebrochen’ wird, denn in der Bibel ist vom „Brotbrechen“
die Rede, was völlig vergessen wurde und dann später umgestaltet wurde nach
Theologenwünschen, was aber nicht im Sinne Jesu ist. Wer darf im übrigen zum
„Tisch des Herrn“? Nur wer einen entsprechenden „Mitgliedsausweis“ (Taufschein)
besitzt, also die Vereinsmitglieder der jeweiligen Kirche. Warum dürfen nicht
alle teilnehmen? Weil es Theologen so wollen, nicht aber Jesus Christus, er hat
niemanden jemals fortgeschickt. Da kam ein fremder, unbekannter Mann zu einer Gemeinschaft – so berichtet man – wo man gerade bei der Kommunion ist. Er bat sie: „Darf ich mit dabei sein bei euch?“ Er wurde gefragt: „Bist du katholisch?“ – „Nein“, antwortete er. „Dann geht das nicht, dann kannst du leider hier nicht bei uns dabei sein!“ – „Schade, warum denn nicht?“, fragte er, bekam aber keine befriedigende Antwort. Enttäuscht wandte sich Jesus Christus ab und ging fort. Sie hatten ihn nicht erkannt. „Was ihr
dem Geringsten Meiner Brüder getan habt, das habt ihr Mir getan!“ So
wollen es Theologen. Alles wird theologisch einwandfrei getrennt. Wo
stehen wir heute? Was ist von den Anfängen geblieben, von jener Einfachheit? Es
ist bedauerlich, dass so vieles von Theologen verkompliziert wurde. Albert
Einstein dazu: „Wenn man das Judentum der Propheten und das
Christentum, wie es Jesus gelehrt hat, von allen Zutaten der Späteren,
insbesondere der Priester, loslöst, so bleibt die Lehre übrig, die die
Menschheit von allen sozialen Krankheiten zu heilen imstande wäre.“ Trotz
jahrelanger Ökumene gibt es nur winzige Fortschritte. Viel Kopf und wenig Herz.
Der Kopf ist wie so oft im Wege, es sind die vielen selbstgeschaffenen
Paragrafen, theologische, intellektuelle Kopfgeburten! „Ökumene ist
nicht möglich durch Diskussion. Sie vollzieht sich dort von selbst, wo Menschen
mit ihrem Herzen einander in Gott gefunden haben“, meint Phil
Bosmans. „Die erste und allerwichtigste Aufgabe der Kirche und aller
Kirchen ist, Menschen zusammen zu bringen und in Liebe zu vereinen, und das
nicht im Namen einer Lehre - wie erhaben und schön auch immer -, sondern im
Annehmen eines Gottes, der Liebe ist und allein Liebe will und darum in Jesus
so ausdrücklich und so eindringlich um Liebe bittet.“ - „Kirchen
dürfen Menschen nicht aussondern, nicht einteilen in Gute und Schlechte, in
solche, die die Wahrheit besitzen und andere, die sich irren. Kirchen müssen
für alle offen stehen. Sie müssen einladen und anziehen. Man kann Gott den
Menschen nicht aufzwingen. Kirchen müssen Magnete sein, unwiderstehliche Magnete
der Liebe.“ Sind sie
das heute? Sind sie das je gewesen? Es waren stets nur Einzelne, bei denen die
Liebe im Mittelpunkt stand. Und weil es so wenige waren, werden sie ganz dick
herausgestrichen und uns als Glanzlichter der Kirche vorgezeigt. Groß und stark war oft der Glaube der Christen und ihrer geistlichen Führer, aber winzig klein die Liebe – die allzu oft ins Gegenteil verkehrt wurde, nämlich in Hass. „Verfolgung der Andersdenkenden ist überall das Monopol der Geistlichkeit“, schrieb Heinrich Heine. „Überall Misstrauen, Verketzerung, Gesinnungsspionage, Sektenhass, Bekehrungssucht.“ Je stärker der Glaube, desto schwächer war die Liebe! Nochmals zum wiederholten Male: der Glaube bringt uns nicht voran, nur die Liebe. Der Dichter Christian Morgenstern schrieb übrigens: „Wir stehen nicht am Ende, sondern am Anfang des Christentums.“ * * * * * * * * * * [1] Seit Juli 2012 Präfekt der kath. Glaubenskongregation und seit Feb. 2014 Kardinal
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